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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 05.03.2004
Aktenzeichen: 5 B 2640/03
Rechtsgebiete: LHundG NRW, DVO LHundG NRW
Vorschriften:
LHundG NRW § 11 Abs. 1 | |
LHundG NRW § 11 Abs. 2 Satz 1 | |
LHundG NRW § 12 Abs. 1 | |
LHundG NRW § 13 Satz 1 | |
DVO LHundG NRW § 5 Abs. 3 |
Tatbestand:
Der Antragsteller ist Halter mehrerer großer Hunde i.S.v. § 11 Abs. 1 LHundG NRW, die bereits eine Tätowierung zur Kennzeichnung aufweisen. Die zuständige Ordnungsbehörde gab dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, seine Hunde gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW fälschungssicher mit einem Mikrochip kennzeichnen zu lassen. Mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes machte der Antragsteller insbesondere geltend, die Verpflichtung zur Anbringung eines Mikrochips sei unverhältnismäßig. Das VG lehnte den Antrag ab. Die Beschwerde war erfolglos. Gründe:
Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an rascher Durchsetzung der im Gesetz vorgeschriebenen Kennzeichnungspflicht fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Die Ordnungsverfügung des Antragsgegners ist offensichtlich rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für die behördliche Anordnung, die Hunde fälschungssicher mit Mikrochip kennzeichnen zu lassen und dies gegenüber dem Antragsgegner nachzuweisen, ist § 12 Abs. 1 des am 1.1.2003 in Kraft getretenen Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW -) vom 18.12.2002 (GV.NRW. S. 656). Danach kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen Vorschriften des Landeshundegesetzes abzuwehren. Der Antragsteller, der Halter mehrerer großer Hunde i.S.d. § 11 Abs. 1 LHundG NRW ist, hat es entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW bisher unterlassen, seine Hunde fälschungssicher mit einem Mikrochip zu kennzeichnen und dies gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen.
Es bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in § 11 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW angeordneten Kennzeichnungspflicht. Insbesondere erweist sich die generelle gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung großer Hunde i.S.v. § 11 Abs. 1 LHundG NRW mit Hilfe eines Mikrochips nicht als unverhältnismäßiger Eingriff, selbst wenn der Hund - wie hier - bereits eine Tätowierung zur Kennzeichnung aufweist. Es besteht ein unabweisbares ordnungsrechtliches Bedürfnis, bestimmte Hunde aufgrund der ihnen eigenen potentiell größeren Gefährlichkeit möglichst umgehend und dauerhaft einem Halter zuordnen zu können. Dies ist durch eine Tätowierung nicht gewährleistet.
Vgl. zur fehlenden Eignung von Hundemarken OVG NRW, Beschluss vom 18.1.2002 - 5 B 1557/01 -.
Eine Tätowierung bietet nicht in gleicher Weise wie der geforderte Mikrochip die Möglichkeit zur schnellen Identifizierung und Zuordnung eines Hundes. Der Antragsteller räumt selbst ein, dass auf Grund derartiger Tätowierungsnummern eine Identifizierung des Hundes nur über die Zuchtverbände und die Züchter möglich ist. Mit Hilfe des Mikrochips kann hingegen die zuständige Ordnungsbehörde unmittelbar den Halter feststellen. Darüber hinaus sind Tätowierungen einem Alterungsprozess unterworfen, der die Lesbarkeit schon nach einigen Jahren nachhaltig beeinträchtigen kann. Schließlich lässt sich auch eine Manipulation der für die Tätowierung verwendeten Nummerncodes nicht ausschließen.
Der Gesetzgeber war nicht gehalten, von der vorgeschriebenen Kennzeichnungsmethode abzusehen, weil es in Einzelfällen - wie vom Antragsteller geschildert - zu Komplikationen nach der Implantation eines Mikrochips kommen mag. Es ist nicht ersichtlich, dass eine andere, gleich effektive Kennzeichnungsmethode insgesamt für die Tiere schonender wäre. Insbesondere ist nicht erwiesen, dass eine Kennzeichnung mit Hilfe einer Tätowierung regelmäßig mit weniger Schmerzen für das betroffene Tier verbunden wäre.
Der Einwand des Antragstellers, dass derzeit eine Identifizierung des jeweiligen Hundes außerhalb des Bereichs der für den Halter örtlich zuständigen Ordnungsbehörde mit Hilfe des Mikrochips nicht möglich sei, weil die im Landeshundegesetz vorgesehene zentrale Registrierungsbehörde nicht eingerichtet sei, übersieht § 5 DVO LHundG NRW vom 19.12.2003 (GV.NRW. 2004 S. 85). Danach ist das Landesamt für Ernährungswirtschaft und Jagd zuständige Behörde für die zentrale Erfassung registrierter Hunde. Ihr hat die nach § 13 Satz 1 LHundG NRW zuständige Ordnungsbehörde die auf dem Mikrochip gespeicherte Nummer unter Angabe des Anlasses der Meldung unverzüglich zu übermitteln. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 DVO LHundG NRW dürfen die für den Vollzug des Landeshundegesetzes zuständigen Ordnungsbehörden im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben auf die zentral erfassten Daten zugreifen. Damit ist in absehbarer Zeit die landesweite Möglichkeit einer unmittelbaren Identifizierung kennzeichnungspflichtiger Hunde gewährleistet.
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber nicht alle Hunde der Kennzeichnungspflicht unterwirft. Einer Differenzierung nach sachgemäßen Kriterien steht nichts im Wege. So ist es frei von Bedenken, wenn der Gesetzgeber erhöhte Anforderungen an die Haltung großer Hunde unabhängig von deren Rassezugehörigkeit stellt. Große Hunde sind typischerweise wegen ihrer Körpergröße und ihres Körpergewichts und der damit einher gehenden besonderen körperlichen Kraft potentiell eine größere Gefahr als kleine Hunde, soweit diese nicht bereits auf Grund ihrer Rassezugehörigkeit gefährlich sind. Sachgemäß ist es, wenn der Gesetzgeber zur Bestimmung der maßgeblichen Größe an die Widerristhöhe bzw. das Gewicht des Hundes anknüpft. Wie bei jeder typisierenden Regelung kann dies zwar in Grenzfällen - wie vom Antragsteller in der Beschwerdeschrift aufgeführt - zu scheinbar ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen führen. Dies ist indes jeder an eine bestimmte Grenze anknüpfenden Regelung immanent und entzieht daher der notwendig typisierenden Vorschrift nicht die Rechtfertigung.
Ende der Entscheidung
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